Jedes Jahr im Frühling liegen in der Küche plötzlich massenweise Rhabarberstangen rum. Sauer. Umständlich. Müssen gekocht werden. Was ist das überhaupt für ein Name. Und was soll ich damit machen? Die Person, die sie kauft, macht gerne Kompott damit. Langweiliges Kompott. Weil der Rhabarber dann doch schnell wieder weg soll. Impulsivkauf.
Das passiert immer wieder und ich weiß auch warum. Wenn es Rhabarber gibt, heißt das, es ist Frühling. Warme Apriltage. Draußen sitzen. Als wir Kinder waren, haben wir immer Rhabarber aus dem Garten unseres Onkels geklaut. Dann holten wir uns einen Teller aus der Küche. Zucker drauf. Im Gras sitzen, Kleid an, nackte Beine. Rohen Rhabarber mit Zucker essen. Gesicht verziehen. Sauer und Süß.
Diejenigen, die auf dem Land aufgewachsen sind, haben bestimmt oft ähnliche Erinnerungen. Rhabarber aus dem eigenen Garten, Sonne genießen. Wir hatten so was nicht in unserem Garten. Deswegen sind wir immer zu meinem Onkel gegangen. Weil wir keinen eigenen Obst- und Gemüsegarten hatten, hat auch niemand in meiner Familie Rhabarberkuchen gemacht. Aber natürlich kannten wir eine Menge Hausfrauen mit großen Gärten und jeder Menge Rhabarber. Jedes Jahr wurden wir zum Rhabarberkuchen eingeladen. Und diese Kuchen waren sauer. Genau wie der rohe Rhabarber. Genau wie die Stachelbeerkuchen, die ein paar Monate später kamen.
Sehr wahrscheinlich, dass ich unrecht habe. Meine Erinnerung ist bestimmt falsch. Aber ich kann sie auch nicht mehr überprüfen. Ich wohne nicht mehr da. Viele der Frauen, die ihre Kuchen gebacken haben, sind gestorben. Manchmal möchte ich wieder zurückgehen und ihre Rezepte sammeln. Dann aber denke ich, ich sollte einfach eine neue Tradition beginnen. Neue Erinnerungen. Nächstes Frühjahr, wenn F. alt genug ist, gehen wir in den Park. Bewaffnet mit Rhabarber und einem Sack Zucker. Und wenn wir dann keine Lust mehr haben, in der Sonne zu sitzen und unsere Gesichter zu verziehen, gehen wir nach Hause und backen einen saftigen und süßen Rhabarberkuchen. So wie diesen:
Süßer und saftiger Rhabarberkuchen
Ofen auf 180°C vorheizen. Eine 25 cm Springform einfetten und mit Mehl bestäuben.
Für die Füllung:
420 g Rhabarberstücke
50 g Zucker
1 EL Speisestärke
Für den Teig:
240 g Mehl
2 EL Kichererbsenmehl*
1 EL Backpulver
1/2 TL Salz
100 g Zucker
60 g Sojajoghurt
4 EL geschmolzenes Koksfett
1 TL Vanilleextrakt oder 1/2 TL gemahlene Vanille
185 ml Sojamilch
Streusel:
90 g Mehl
1/4 TL Backpulver
3 EL Zucker
2 1/2 EL geschmolzenes Kokosfett
1/2 TL Vanilleextrakt oder 1/4 TL gemahlene Vanille
1/2 – 3/4 EL Sojamilch
* Kichererbsenmehl und Sojajoghurt zusammen sind besser als jedes Ei. Sie machen den Kuchen locker und saftig. Statt Kichererbsenmehl kann man auch Sojamehl nehmen. Man kann es auch weglassen, dann vielleicht durch Stärke ersetzen.
Die Füllung zubereiten:
Rhabarber in einer Schale mit Zucker und Stärke mischen. Beiseite stellen.
Den Teig zubereiten:
Mehl und Kichererbsenmehl in eine Schüssel sieben. Backpulver, Salz und Zucker dazugeben und alles gut vermischen. Joghurt, Öl, Vanille und Sojamilch in einer zweiten Schüssel verquirlen und zu den trockenen Zutaten geben. Teig in die vorbereitete Form geben. Rhabarberstücke gleichmäßig darauf verteilen.
Streusel:
Mehl, Backpulver und Zucker in einer Schüssel mischen. Kokosfett und Vanille dazugeben und Streusel formen. Falls der Teig zu trocken ist, etwas Sojamilch dazugeben. Auf dem Kuchen verteilen.
35-40 Minuten backen. 10 Minuten in der Form abkühlen lassen, dann auf ein Kuchengitter geben.