Weil ich meinen Foodblog, bei dem es oft um deutsches Essen geht, auch auf Englisch schreibe, bekomme ich oft Rezeptanfragen aus Nordamerika. Mir schreiben Leute, die deutsche Verwandte oder Vorfahren haben und die sich an ein deutsches Rezept erinnern, dass diese Verwandten für sie gemacht haben. Ich finde es immer sehr toll, dass diese Menschen mir ihre Geschichte erzählen und darüber berichten, warum sie ein bestimmtes Gericht so gerne mögen, wer es für sie gekocht hat und welche Erinnerungen sie damit verbinden. Sehr spannend ist auch, dass ich von den Gerichten oder Variationen, nach denen ich gefragt werde, oft (oder in dieser bestimmten Form) noch nie etwas gehört habe. Es ist faszinierend, wie viele Rezepte sich verändern, weil sie mit anderen Zutaten oder anderen Zubereitungsmethoden hergestellt werden. Zum Beispiel Brezeln. Als ich das erste Mal davon hörte, dass man Brezeln in den USA großzügig mit Senf beschmiert, fand ich das sehr merkwürdig. Senf gehört schließlich zur Brat- oder Bockwurst! Oder dass viele Leute in Nordamerika sämtliches Laugengebäck, egal welche Form, als Pretzel bezeichnen. Das geht doch nicht! Oder Kartoffelsalat. Kartoffelsalat wird nach meiner Meinung mit Mayonnaise und Fleischsalat und vielleicht mit untergemischten hartgekochten Eiern gemacht, aber doch nicht mit Essig! Aber genau diese süddeutsche Essigvariante wird in den USA als German Potato Salad bezeichnet. Da fühlt man sich doch übergangen!
Das sind nur zwei Beispiele, wie sich Rezepte, Essgewohnheiten und Traditionen verändern können. Ein sehr interessantes Thema. Denn natürlich sollte man nicht beleidigt sein, wenn der German Potato Salad nicht der „norddeutsche“ sondern der „süddeutsche“ Kartoffelsalat ist. Es gibt durchaus Erklärungen dafür. Das könnte mit bestimmten Einwanderungswellen zu tum haben oder damit, dass seit dem Zweiten Weltkrieg US-Truppen in Süddeutschland stationiert sind und eben nicht in Norddeutschland. Und es ist doch sehr spannend zu sehen, was so aus dem Essen wird, wie es sich verändert, welche Zutaten hinzugefügt oder weggelassen werden und mit welchen anderen Gerichten oder Beilagen das Ganze dann kombiniert wird. Gerade für uns Veganer_innen hört sich das doch sehr bekannt an. Denn wie ich sage, dass man eine Brezel doch nicht mit Senf essen kann, so sagt ein_e Fleischesser_in, dass man aus Tofu doch keinen Schinken machen kann und sowieso, wieso nennen wir unsere Tofuwurst denn nicht anders? Und wenn ich der Meinung bin, dass man seinen Kartoffelsalat auf gar keinen Fall mit Essig machen kann, dann mein jemand anderes, dass man sein Müsli auf keinen Fall mit einer aus Sojabohnen gewonnenen Flüssigkeit namens Sojamilch essen kann. Es ist Tradition, es ist Gewohnheit, es ist das, woran wir gewöhnt sind und was wir gerne verteidigen. Denn schließlich sind wir so sozialisiert, es gehört zu unserer Kultur, es ist nur so original. Aber manchen Leuten ist das egal. Oder sie haben keinen Zugang zu den „Original“-Zutaten. Oder sie wollen viele dieser traditionellen Zutaten, auf denen unsere gesamte Esskultur- und Tradition beruht, eben nicht essen: Eier, Käse, Fleisch. Und so ändert sich die Sichtweise auf „traditionelle“ Gerichte und Lebensmittel ganz grundlegend. Man ersetzt Zutaten, manchmal nennt man Dinge „Wurst“ oder „Steak“ oder „Milch“ auch wenn andere denken, das sei unangemessen. Aber eigentlich ist das nicht unangemessen sondern kreativ. Wer sagt, dass wir alte Traditionen nicht ändern dürfen? Vielleicht begründen wir gerade einen neue Tradition? Vielleicht ist uns die Tradition egal und wir haben einfach nur Hunger. Auf jeden Fall haben wir uns ein leckeres neues Gericht gekocht, egal mit welchen Zutaten, egal wie wir es nennen. Und irgendwie muss es ja schließlich heißen! Wie soll ich meine Tofuwurst denn sonst nennen?
So oder so ähnlich habe ich auch meine Meinung über Käsespätzle geändert. Und dann einfach das Gericht geändert. Lange Zeit dachte ich nämlich, dass Käsespätzle sind nicht zu veganisieren sind. Denn erstens macht man Spätzle immer mit Eiern. Zweitens braucht man dafür ein Spätzlebrett. Und drittens gibt es nicht einen vernünftigen veganen Käse, mit dem man Käsespätzle herstellen könnte! Oder es gibt ihn und man muss ihn erst online bestellen. Irgendwann war mir das egal. Man kann Spätzle nämlich selbstverständlich auch ohne Eier machen, man kann außerdem einen Spätzlehobel benutzen auch wenn die Spätzle dann Knöpfle heißen und man kann statt Käsespätzle einfach einen sehr leckeren und cremigen Spätzleauflauf machen. Hach, das war ein langer Lernprozess. Aber lecker und eben auch etwas Neues.
Ich habe ein bisschen herumexperimentieren müssen, bevor ich mit meinen Spätzle zufrieden war. Ich habe zunächst Dinkelmehl (T 630) und Kichererbsenmehl benutzt und das führte zu einem relativ flüssigen Teig. Die Spätzle wurden sehr unregelmäßig und waren mach dem Kochen nicht ganz durch. Daraufhin habe ich ein Mehl hinzugefügt, dass gemeinhin zur Pastaherstellung benutzt wird: Durum- oder Hartweizenmehl. Dieses Mehl nimmt mehr Wasser auf als Dinkel- oder Weizenmehl, der Teig war daraufhin etwas dicker und die Spätzle wurden richtig gar. Auch ihre Textur fand ich super: Zum Vergleich Spätzle mit Dinkel- und Kichererbsenmehl: Ich werde beide Rezepte zur Verfügung stellen. Für den Dinkelmehlteig ist es vielleicht hilfreich, wenn man das Wasser um ca. 50-60 ml reduziert.
Spätzle mit Dinkelmehl:
210 g Dinkelmehl (T 630)
240 ml Wasser
1/2 TL Salz
30 g ( 4 EL) Kichererbsenmehl
Spätzle mit Durummehl:
90 g Durummehl (Hartweizenmehl)
120 g Dinkelmehl (T630) oder Weizenmehl
240 ml Wasser
1/2 TL Salz
Vorgehensweise für beide Versionen:
Mehle in eine Schüssel geben, Wasser und Salz dazugeben. Alles mit einem Holzlöffel glattrühren und 30 Minuten ruhen lassen.
Währenddessen einen großen Topf mit 2 Litern Salzwasser füllen und zum Kochen bringen. Einen EL Olivenöl dazugeben und den Spätzlehobel auflegen. Die Hälfte des Teigs einfüllen und die Spätzle in den Topf reiben.
Kochen bis die Spätzle an die Oberfläche kommen, ca 1-2 Minuten. Dann in ein Sieb geben und die restlichen Spätzle kochen.
Spätzleauflauf (4 Portionen)
1 Portion Spätzle nach obigem Rezept hergestellt
60 g (4 EL) Haselnussbutter
15 g (4 EL) Hefeflocken
1 EL Tahin
1 EL Zitronensaft
2 TL Zwiebelpulver
1 TL mittelscharfer Senf
1 1/2 TL Salz
2 EL Mehl
1 Knoblauchzehe gehackt
1/2 TL Paprikapulver Pfeffer zum Abschmecken
480 ml Wasser
Spätzle in eine Auflaufform geben und den Ofen auf 200°C vorheizen. Alle Zutaten für die Sauce in einen Mixer geben und sorgfältig pürieren. In den Ofen stellen und ca. 30 Minuten backen. 10 Minuten abkühlen lassen und dann servieren. Damit es netter aussieht, habe ich die einzelnen Portionen danch dem Backen in kleine Auflaufformen gegeben und sie so serviert.